85 Refuge d’entre le Lac – Refuge de la Leisse

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Gegensätze

Leider trifft die Vorhersage zu und es regnet heute die ganze Strecke, zum Glück allerdings nicht sehr stark. Ich kann die Etappe also wie geplant durchziehen – als Plan B wäre der Abstieg nach Val d’Isere möglich gewesen, aber dann wäre ich halt raus aus dem Nationalpark.

Zunächst führt der Weg hoch zum Col du Palet, jetzt ist der Blick frei auf das riesige Skigebiet von Tignes und später auch auf Tignes selbst. Hier wird der Kontrast in unserer Bergwelt besonders krass spürbar: Auf der einen Seite des Cols heile Berg- und Berghüttenwelt, auf der anderen Seite Skigebietsindustrie in Reinform. Und ich kenne viele, die begeistert von den Pisten- und Freeride-Möglichkeiten hier berichtet haben. Immerhin macht der Grenzverlauf des Nationalparks einen Bogen um diesen Bereich.

Wenig begeistert sind die (Profi-?)Sportler, die auf dem Sportplatz von Tignes im Regen ihre Einheiten zur Saisonvorbereitung unter den scharfen englischen Kommandos des Athletiktrainers absolvieren. Den Trailrunnern wiederum scheint Regen und Matsch überhaupt nix auszumachen. Munter hüpfen sie die rutschigen Pfade herab.

Im Aufstieg zum Col de la Leisse wird es wieder einsam und die Landschaft karg und gleichzeitig abwechslungsreich mit sehr unterschiedlichen Gesteinsarten. Tiere lassen sich bei diesem Sauwetter allerdings nicht sehen, die haben sich in ihre Unterschlüpfe verzogen.

Auf dem 2.760 m hohen Col de la Leisse komme ich der Schneegrenze dann doch ziemlich nah – etwa 100-150 m höher liegt Schnee.

Unterwegs habe ich schon die beiden Waliser Chistiane und Nicole getroffen, die ich vom Refuge de Balme tarantaise kenne, jetzt kommt noch Franz aus der Dütschschwiz hinzu. Alle drei haben das Ziel, Ende September auf dem GR5 das Mittelmeer zu ereichen. Bis Modane haben wir den gleichen Weg.

Auch hier ist die kleine, einfache Hütte erstaunlich voll, eine Art Familiengruppe ist dabei – komisch, wo doch jetzt keine Ferien mehr sind?

Wieder gibt es kein Netz, immerhin konnte ich mich während des Tages kurz per Threema bei Cora melden. Bezüglich Wettervorhersage mussten die Guardiens herhalten, und das klingt nicht sehr optimistisch: Regen in der Nacht, weiterer Temperaturabfall, so dass dieser ab ca 5 Uhr in Schnee übergehen könnten. Das soll mit zwischenzeitlicher Schonung den ganzen Tag so weitergehen und könnte bis zu 30 cm Schnee bedeuten. Uff.

Refuge d’entre le Lac
Ich hab’s mir verkniffen, nach 1,5 Stunden im Refuge du Col du Palet einen zweiten Kaffee zu mir zu nehmen. Wirklich trocken wäre ich eh nicht geworden.
Deshalb galt ein weiteres Mal die Devise „Durchziehen“
So grau in grau sind die Bilder nun mal bei diesem Wetter.
Wer erkennt es? Wer war im Winter schon hier?
Oder hier? Im Gegensatz zu den meisten Mitwandernden stellt sich bei mir gar nicht der „Oh je, oh je, wie furchtbar“-Effekt ein. Eher ein „Aha, jetzt sehe ich das auch mal in echt“.
Im Aufstieg zum Col de la Leisse kommt die Schneefallgrenze näher. Sehr schnell ist das Skizentrum außer Sicht und es wird ziemlich einsam und karg.
Aber es ist halt definitiv kein Foto-Wetter. Außerdem muss ich aufpassen, dass die Kamera nicht zu nass wird.
Also, äh, ja, da hinten sind hohe Berge. Viel mehr und viel höhere als mir vorher klar war.
Zum Standardinventar der Hütten in der Region gehören zwei Esel, ein paar Hühner, ein Hund. Variationen sind Pferde statt Esel oder zusätzlich zwei Kühe. Hier kündigen die Esel das …
… Refuge de la Leisse an.
Trotz Regenhülle wurde der Rucksack unten innen ein bisschen nass. Weil es am Nachmittag schont und sogar die Sonne kurz rauskommt, kann ich alles zum Trocknen ausbreiten. Detail: Zum ersten Mal habe ich mir ein Picnic geben lassen, als Notration, weil ich nicht wusste, was mich an Wegschwierigkeiten und Unwetter so alles erwartet. Ich hab’s natürlich unterwegs nicht angerührt – nicht mal getrunken hab ich was, tststs. Somit gibt es nach der Ankunft ein verspätetes Mittagsmahl.